Initialzündung: "Danke" mit dem Botho Lucas Chor

1962 brachte der Botho Lucas Chor das Lied "Danke" auf Platte heraus, das 1961 als Siegertitel aus einem Wettbewerb der Evangelischen Kirche für neue religiöse Lieder hervorgegangen war. Die Single wurde erst in einer Auflage von 1500 Stück auf den Markt gebracht, weil die Produzenten nicht an einen Erfolg glaubten. Die Nummer entwickelte sich 1963 zu einem Hit -es reichte sogar zu Platz 35 in den deutschen Charts- aber vor allem wurde "Danke" zu einem Evergreen. Geschrieben hat "Danke" der Freiburger Kirchenmusiker Martin Gotthard Schneider (geboren 1930).
Jeanine Deckers, die singende Nonne erobert die amerikanischen Charts

Ein Jahr später war es die Dominikaner-Nonne Soeur Sourire, die mit "Dominique", einem selbstgeschriebenen Lied über den heiligen Dominikus, den Gründer der Ordens, an die Spitzen der internationalen Charts katapultiert wurde (USA Platz 1/BRD Platz 7).1964 erhielt sie als bisher einzige Nonne für "Dominique" einen "Grammy". Die Einnahmen aus "Dominique" und den weiteren Platten, die sie aufnahm, flossen an den Orden. Später kam es zum Streit über die Finanzen und Soeur Sourire verliess den Orden. Das belgische Finanzamt machte hohe Steuernachzahlungen geltend, weil unklar war, wer welche Tantiemen kassiert hatte. Am 29. März 1985 beging Soeur Sourire gemeinsam mit ihrer Lebenspartnerin Selbstmord.
Kaplan Flury: Das männliche Gegenstück zur "Singenden Nonne" (1)

Soeur Sourire stand bei Philips unter Vertrag, weshalb die Firma wohl ein Händchen für das Geschäft mit christlichen Liedern entwickelte. Jedenfalls nahm die Philips nach dem Erfolg mit Soeur Sourire 1964 den Schweizer Pfarrer Alfred Flury unter Vertrag. Dieser hatte sich in seinem Heimatland bereits einen Namen als singender Geistlicher gemacht. Die Plattenfirma schickte ihn 1964 als Kaplan Flury mit dem Titel "Ich will an deiner Seite geh'n" ins Rennen um die Nachfolge von Soeur Sourire. Kaplan Flury erreichte hohe Publizität, doch die Single erreichte nur Platz 45. Kaplan Flury (geboren am 16.4.1934 in Wangen bei Olten) war in der Schweiz bis Anfang der 80er Jahre aktiv. Er starb am 6. April 1986 an seinem Geburtsort.
Polydor versucht's mit Rey Sebastian (2)

Der Erfolg der Philips liess die Polydor nicht ruhen. 1965 wurde mit lauter Ankündigung der spanische Theologiestudent Rey Sebastian als neuer "singender Priester" an den Start gebracht. Rey Sebastian (geboren 16. Februar 1941 in Cullera, Spanien) besuchte seit 1959 ein Priesterseminar in Mannheim. Der Produzent Willi Sommer aus Mannheim entdeckte den angehenden singenden Theologen und konnte ihn bei Polydor unterbringen. In den Promotexten ist davon die Rede, dass Rey Sebastian eine ähnliche Karriere wie Kaplan Flury erreichen könne. Es war ein netter Versuch von Polydor....
Die Künstler des Kirchen-Labels
Die Labels "Union Studio" und "Quadriga-Ton" hatten in den 60er Jahren verschiedene Geistliche unter Vertrag, die mit ihren Liedern bei öffentlichen Veranstaltungen der Kirchen in Erscheinung traten. Ihre Schallplatten erreichten zu keiner Zeit ein grosses Publikum. Zwei dieser Vertreter sollen an dieser Stelle erwähnt sein:
für "Union Studio" Pater Heinz Perne (3)

Heinz Perne nahm ab 1964 zehn Singles und fünfzehn Langspielplatten auf. Er wurde am 8.11.1930 in Oberhausen geboren und absolvierte erst eine Malerlehre, ehe er Abitur nachholte und Theologie studierte. Er spielte Gitarre und trat mit christlichen Liedern bei kleineren Veranstaltungen auf. Später schrieb er eigene Titel und erreichte innerhalb der Kirche einen grossen Bekanntheitsgrad, was ab 1964 auch zu Schallplattenaufnahmen führte. Heinz Perne war nur kurze Zeit als Pfarrer tätig. Er wechselte später in die Redaktion der Zeitschrift der "Pallottiner". Heinz Perne starb am 16. Januar 2008.
für Quadriga-Ton: Pater Caspar (Ludwig Graf von Ballestrem) (4)

Pater Caspar Ballestrem (* 6. Januar 1930 in Plawniowitz) entstammt einer Industriellenfamilie. Er studierte Theologie und schloss sich dem Kapuzinerorden an. Er nahm in den 60er Jahren Platten für Quadrigat-Ton auf. Sein beliebtestes Stück trug den Titel "Liebe". Pater Caspar verstarb am 9. Juni 2008 in Ruhpolding.
Quellen
(1): http://kaplanalfredflury.beepworld.de/
(2): Musikmarkt 9/65, S. 18
(3): http://www.pallottiner.org/aktuell/meld ... erstorben/
(4): http://www.ballestrem.de/Pater-Caspar.html