Singles von Philips & Fontana

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Moderator: Manfred

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Kellerich
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Singles von Philips & Fontana

Beitrag von Kellerich »

Ich habe heut von France Gall die Single "Das war eine schöne Party" von 1965 in der Hand gehabt, und auf dem Philips Label "Mono" gelesen, das hab ich auch schon bei "Fontana" Singles feststellen müßen. Jetzt stelle ich mir die Frage ob "Philips und Fontana" der technischen Entwicklung hinterher gehinkt sind... da meines Wissens Firmen wie Polydor schon auf Stereo umgestiegen sind. Kennt jemand die Hintergründe?

Oder bin ich auf dem Holzweg, und Stereo kam später auf den Markt?
Hape

Beitrag von Hape »

Hallo Kellerich,

die ältesten Stereo-Aufnahmen die ich kenne stammen aus dem Jahr 1956 und aus den USA. In Deutschland sind sie mir ab 1959 bekannt.
Bei Philips und Fontana ab 1960 (z. B. Ramona von den Blue Diamonds). Diese zu bekommen ist auf Platten aber fast aussichtslos. Die alten Bänder wurden so aufgenommen und schlummern, wenn man Glück hat, noch in irgendwelchen Archiven.

Mono-Singles wurden damals in größeren Stückzahlen produziert. Die Stereo-Singles waren, zumindest in Deutschland, teurer, meist 1 DM. Viele konnten sich weder diese Platten noch entsprechende Geräte leisten.

Zu "Das war eine schöne Party" konkret. Ich kenne die deutsche Aufnahme auch auf Wiederveröffentlichungen bislang nur mono. Das Original "Poupée de cire, poupée de son" findet man ab und an in "Pseudo-Stereo". Man mischte der Mono-Aufnahme auf der linken Seite kräftig Hall dazu um einen gewissen Raumklang-Effekt zu erzeugen.

Für mich noch kurioser als diese France-Gall-Aufnahme ist "L'amour est bleu" von Vicky Leandros. Die französische Version kenne ich nur mono. Die deutsche mit dem gleichen Playback in stereo. Die B-Seite der französischsprachigen Single "Les Amoureux" gibts auch in stereo. Warum das alles so ist, bin ich überfragt.

Mit der Aussage "Gibt es nur mono" bin ich in den letzten Jahren recht vorsichtig geworden. So kaufte ich vor kurzem eine 10-Zoll-LP mit Namen "Schlager-Revue" von Polydor auf der man u. a. "Ich will immer auf dich warten" von Brenda Lee in stereo findet. Diese Platte wird momentan im großen Internet-Auktionshaus immer wieder mal angeboten.
"Der Gassenhauer" von Gerd Böttcher, "La Bambola" von Antita Lindford, "Ich tanz nach Deiner Pfeife" von Paola sollen nur einige Beispiele dafür sein das bei CD-Wiederveröffentlichungen nicht immer die Stereo-Version verwandt wird. All diese Titel gibt es auf LPs in stereo. Ich kaufe fast keine Singles mehr aus diesem Grund.

Folgende Titel kenne und habe ich größtenteils in stereo auf Cassetten oder Bändern. Als Platte fehlen sie mir noch:

"Addio Romeo" von Ulla Norden (Metronome 1964)
"Nur du, du, du allein" von Melitta Berg (Polydor 1959)
"Texascowboy-Pferdesattel-Verkäuferin" von Tonia (CBS 1969)
"Pepe, der Paukerschreck" von Die Lümmel von der ersten Bank (Cornet)

Ich könnte noch einiges zu diesem Thema schreiben, aber wer meinen Sendungen zuhört, bekommt immer wieder mal Hinweise wo man die Stereo-Versionen der von mir gespielten Titel finden kann.

Liebe Grüße von

Hans-Peter
Jörg Müller
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Registriert: Samstag 8. Oktober 2005, 20:55

Re: Singles von Philips & Fontana

Beitrag von Jörg Müller »

Kellerich hat geschrieben: Jetzt stelle ich mir die Frage ob "Philips und Fontana" der technischen Entwicklung hinterher gehinkt sind... da meines Wissens Firmen wie Polydor schon auf Stereo umgestiegen sind. Kennt jemand die Hintergründe?

Oder bin ich auf dem Holzweg, und Stereo kam später auf den Markt?
Hallo Mario,
wie Hape schon richtig ausgeführt hat, gab es damals (wenn auch wenige) Singles, die sowohl in Stereo als auch in Mono herauskamen.
Da Du die France Gall Platte ansprichst, da war es noch die Ausnahme. So richtig umgestellt auf Stereo wurde ca 1969.
Vorübergehend hatte die Firma Vogue schon ca 1966/67 Stereoplatten veröffentlicht, z.B. Udo Jürgens "Merci Cherie", sind dann aber wieder auf Mono zurückgegangen.
Kurios z.B. die Beatles-Single "Let it be", die A-Seite war Stereo, die B-Seite "You know my Name" in Mono.
In der Regel haben die Firmen auf die Platte geschrieben, wenn es Stereo Aufnahmen waren, ich kenne aber z.B. einige Polydorsingles, auf denen es nicht vermerkt war.
Das groß Mono darauf geschrieben wurde, war auch nur bei wenigen Firmen so, wie z.B. Philips.
Gruß
Jörg
francon1973

Beitrag von francon1973 »

Jörg,

ich bin mir nicht sicher, aber es könnte sein, dass Vogue Ende 1965 schon Stereo-Platten veröffentlicht hat.

Die Single Kann ich dir vertrauen, b/w Es steht in den Sternen von Petula Clark wurde 21.10.1965 in den Bell Sound Studios New York aufgenommen und ist als Deutsche Vogue Stereo-Single DVS 14 459 meines Wissens noch im November gleichen Jahres erschienen.

Was Stereo und Mono-Aufnahmen von Philips/Fontana anbetrifft, habe ich in einem diskographischen Buch über die Aufnahmen von Dusty Springfield etwas interessantes gelesen:

Im Juni 1964 hat Dusty Springfield, die ja bei Philips unter Vertrag stand, die Komposition Summer is over aufgenommen; das Playback wurde in stereo mitgeschnitten. Als Dusty vier Wochen später die französische Version L'été est fini aufnahm, war die englische Version allerdings noch nicht komplett abgemischt. Es gab nur einen Mono-Mix. Man hat das Stereo-Playback der englischen Version genommen und den französischen Gesang darüber kopiert, so dass es am Ende zwar die französische Version in stereo gab, das englische Original kurioserweise aber nicht.

Erst in den 1990er Jahren, als das New Yorker Label Taragon mit zahlreichen digitalen Tricksereien und viel filtern das Playback der französischen Version mit dem Gesang der englischen Aufnahme synchronisierte, konnte man Summer is over zum ersten Mal überhaupt in stereo genießen.

Ähnliches gilt für Ihre Aufnahmen der Burt Bacharach-Klassiker I just don't know what to do with myself und Anyone who had a heart: Die unveröffentlichten Alternativtakes waren in stereo abgemischt, die veröffentlichten Mastertakes hingegen in mono. Auch hier musste erst Taragon seine ganzen Künste aufbringen, um mit geschicktem Mixen von Master- und Alternativtake nachträgliche Stereoversionen zu erstellen.

Was Puristen von solchen nachträglichen Veränderungen halten, weiß ich nicht, aber mir hat es sehr gut gefallen, meine Lieblingsaufnahme von Dusty Springfield endlich im Stereosound hören zu können.

Um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen: Ich könnte mir vorstellen, dass dies bei vielen anderen Philips-/Fontana-Künstlern ähnlich gelaufen ist: Fröhliches Hin- und Herkopieren über die Masteraufnahmen, so dass das eigentliche Stereomaster verloren ging und nur ein Monomix übrig blieb.

Gibt es irgendeinen Hinweis, wieviele Takes von Poupée de cire, poupée de son France Gall aufgenommen hat? Vielleicht war ja das Playback, für das man sich entschied, perfekt, aber man beschloss einen neuen Vokaltrack aufzunehmen.

Ich weiß, das ist alles ziemlich viel "Was wäre wenn...?" und "Könnte es sein, dass...?", aber bei den vielen Mysterien und auch kuriosen Fakten, die sich um viele berühmte Aufnahmen ranken, finde ich das nicht so abwegig.

Herzliche Grüße aus Dortmund!


Jan
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