Sandra/Sandra Haas

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waelz
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Sandra/Sandra Haas

Beitrag von waelz »

Sandra hat 197/1972 Singles und ein Album bei BASF veröffentlicht. 1973 folgten eine Single und ein Album unter dem Namen Sandra Haas. 1979 kamen nochmals ein Album und eine Single bei wea heraus. Von 1967 bis 1969 war Sandra Teil des Duos "Sandra&Sharon". Nach 1979 verlieren sich die Spuren von Sandra (Haas). Weiss jemand etwas über den Verbleib der Künstlerin?
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waelz
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Re: Sandra/Sandra Haas

Beitrag von waelz »

Diskografie Sandra&Sharon/Sandra/Sandra Haas

Singles
Sandra&Sharon
1967 Hey Bird (Berlipp, Sandra, De Avilés)/ It's a rainy Day (Berlipp, Sandra) (Hansa, 19 634 AT)
1968 Flower-Power-Superman ( P. Pollux, S. McCimble)/ Heute oder nie (F. Berlipp, S. McCimble) (Metronome, M 25 036)
1969 Nimm ein Girl mit nach Haus' (Friedel Berlipp, Sandra McCimble)/ Danny (Friedel Berlipp, Sandra McCimble)(Cornet, 3081)
1969 Komm mir doch ein Stück entgegen (Sandra McCimble)/ Er gehört mir (Friedel Berlipp, Sandra McCimble)(Cornet, 3119)

Sandra
1971 Mamy Blue (H.-U. Weigel/Giraud)/Sympathie (Jack White/Rare Bird;Original: Rare Bird - Sympathy)(BASF, 05 11104-5)
1972 Ave Maria (Charly Niessen/Goundo/Bach)/Das Leben beginnt jeden Tag (Hans Blum/Kurt Hertha; Vorausscheidung Eurovision 1972) (BASF, 05 11268-8)
1972 Osanna (Ralph Siegel Jr./B. Bergmann/J Fossati/Di Palo; Original: Delirium - Canto di Osanna)/Liebe mich (S. McCimble) (BASF, 05 11426-5)
1979 Emma Kussch (Song Team)/Ich habe keine Angst vor'm Fliegen (Song Team) (WEA 18060)

Sandra Haas
1973 ...und dan spiel'n wir der Dummheit einen Streich (Richard Schönherz/Manuel Rigoni)/Komm' doch ganz einfach zu mir (Haas) (BASF 05 11727-2)

Alben

Sandra
1971 "Sandra" (BASF ‎– 20 21243-2
A-Seite: Wohin soll ich geh'n? ( M. Kunze, V. Scott)/ Sommerregen (H. Blum, R. Jung) / Dir will ich gehören (F. Jay, J. Heider) / Hörst du nicht den Wind? (S. McCimble) / Mach' nicht alles kaputt (Ch. Niessen) / Tu's doch (S. McCimble)
B-Seite: Ding Dong Da (E. Lombardi, S. McCimble) / Liebe mich (S. McCimble) / Dir fehlt nur etwas Liebe (H. Blum, M. Kunze) / Schau' mich einmal an (M. Jürgen, P. Siegel) / Er ist da ( E. Thoener, St. Lego) / Ave Maria (Ch. Niessen, Ingfr. Hoffmann/Gounod, Bach)
Produzent: Hans Falkenberg

1979 "Zwischen Frust und Lust" (WEA 58 057)
A-Seite: Zwischen Frust und Lust / Emma kussch / Ich habe keine Angst vor'm Fliegen / Mata Hari / Meine Küsse sind Bisse / Dein Kind
B-Seite: Ich pflege mein Ego / Harley / Frankfurter Traum / Gebrauchtmann / Mein Freund
Alle Titel: Song Team

Sandra Haas
1973 "Und dann spiel'n wir der Dummheit einen Streich" (BASF ‎– 20 21728-0 )
A-Seite: ....Und dann spiel'n wir der Dummheit einen Streich / All' meine Jahreszeiten (Schönherz/Rigoni/Heller) / Vampir (Ingfried Hoffmann/Haas) / Der Meister / Meditation (Schönherz/Rigoni/Danzer)
B-Seite: Am See Der Ewigkeit (Ballade Vom Tod) / Lied des Gauklers (Schönherz/Rigoni/Heller) / Der Reisende / Kleiner Mann / König und Bettler
(alle Titel: Rigoni/Schönherz; ausser Vampir, Lied des Gauklers, All meine Jahreszeiten und Meditation)
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waelz
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Sandra Haas: Die Story

Beitrag von waelz »

Sandra Haas: Phänomen und Phantom
Sandra Haas ist gleichzeitig Phänomen und Phantom. Sie ist ein Phänomen, weil sie bereits in den 60er Jahren nur Titel veröffentlichte, die sie selbst geschrieben hatte. Sie ist ein Phantom, weil sie neben Sandra oder Sandra Haas noch eine weitere Identität hat, mit der sie in der Hitparade erfolgreich war. Sie veröffentlichte elf Singles und drei Alben. Sie nahm zweimal an den deutschen Vorausscheidungen für die Teilnahme am Grand Prix Eurovision teil. Sie vertrat Deutschland an mehreren grossen Festivaln. Und sie darf sich rühmen, dass André Heller die Liner Notes für ihr Album " ... Und Dann Spiel'n Wir Der Dummheit Einen Streich".

von Wälz Studer
Sandra Haas kam in Volkmarsen in der Nähe von Kassel zur Welt. Sie wuchs in Köln auf, wo sie die Schulen besuchte. Neben der Lehre nahm sie mit einer Kollegin an Nachwuchswettbewerben teil. Dort wurde die Plattenindustrie auf das Duo aufmerksam. Zwei Singles erschienen, von denen eine gar die Charts erreichte. Nach der zweiten Produktion, von der ein Titel später Kult-Status erlangte, löste Sandra Haas nach eigenen Angaben das Duo auf.
1967 tauchte sie mit der neuen Partnerin Sharon wieder auf der grossen Bühne des Schaugeschäftes auf. Mit dem Produzenten Friedel Berlipp entstanden vier Singles. Bei allen acht Titeln war Sandra Haas als Autorin beteiligt. Sie zeichnete bei der ersten Single als Sandra. Später verwendete sie das Pseudonym Sandra McCimble für ihre Autorentätigkeit.
Sandra&Sharon konnten ihre erste Single "Hey Bird" im November 1967 in der Sendung "Musik aus Studio B" vorstellen. Die Single blieb trotz dieser Promotion ohne Erfolg. Offenbar hatte die Plattenfirma danach kein Interesse mehr an dem Duo. Die zweite Single erschien jedenfalls nicht bei Hansa, sondern bei Metronome. Auch "Flower-Power-Superman", der zwar ein zeitgemässes Thema aufnahm, konnte nicht reüssieren. Sandra&Sharon fanden danach mit Cornet ein neues Label, auf dem die letzten beiden Singles veröffentlicht wurden. Auch hier stellte sich der Erfolg nicht ein. Das Duo löste sich Ende der 60er Jahre auf.
Sandra Haas tauchte zwei Jahre später als Solistin auf. Offenbar erinnerte man sich im Hit-Mekka der Gebrüder Meisel in Berlin an die Fähigkeiten von Sandra Haas, die ja ihre erste Single mit Partnerin Sharon auf dem Hansa-Label veröffentlicht hatte. Peter Meisel produzierte mit Sandra 1971 eine deutsche Version des Hits „Mamy Blue“. Der Titel erschien allerdings nicht auf dem hauseigenen Hansa-Label, sondern auf dem neugestarteten Label von BASF. Parallel dazu hatte Meisel nämlich auch eine Version mit Ricky Shayne aufgenommen. Meisel glaubte möglicherweise, dass sich der Titel mit einer weiblichen Stimme besser durchsetzen könnte als mit einer männlichen. Weshalb er den Titel in beiden Versionen auf dem Markt haben wollte. In Frankreich feierte nämlich Nicoletta einen Hit mit einer französischen Version. Die Fans in Deutschland entschieden sich für die Version von Ricky Shayne, der damit einen Top-Ten-Hit feierte.
Die B-Seite von Sandras erster Solosingle ist ebenfalls erwähnenswert. „Sympathie“ ist eine deutsche Version eines Titels von Rare Bird, zu dem Jack White den deutschen Text beisteuerte.
BASF war von der jungen Sängerin so überzeugt, dass noch im gleichen Jahr eine Langspielplatte nachgezogen wurde. Vier Titel hat Sandra selber dazu beigesteuert.
Ein Jahr später schickten Hans Blum und Kurt Hertha an die deutsche Vorausscheidung für die Teilnahme am Grand Prix Eurovision. Sandra trat am 19. Februar 1972 mit dem Lied „Das Leben beginnt jeden Tag“ in der Fernsehsendung „Ein Lied für Edinburgh“ auf. Sie kam damit in der ersten Runde auf den sechsten Platz und verfehlte den Einzug ins Finale. Das Lied fand auf der zweiten BASF-Single auf der Rückseite von „Ave Maria“ Platz. „Osanna“ war auf der dritten Single enthalten und ist die deutsche Version eines Hits der italienischen Gruppe „Delirium“. Er hiess im Original „Canto Di Osanna“. „Liebe mich“, die Rückseite, ist eine Auskopplung aus der LP und einer jener Titel, die Sandra selber geschrieben hat.
Parallel zur Studioarbeit nahm Sandra Haas an diversen internationalen Songwettbewerben teil, sei es mit ihren Songs, sei es als Interpretin. So war sie vertreten am Agustin-Lara World Festival in Mexiko, an der sechsten Song Olympiade in Athen, am World Song Festival in Seoul oder am Internationalen Song Festival in Vinia del Mar in Chile.

Top-Autoren, Cracks von Produzenten, starke internationale Titel, aber ein Durchbruch nicht in Sicht. Sandra Haas stand nach drei Solosingles und einem Soloalbum vor einem Scheideweg. Und sie entschied sich für einen steinigen Weg. Sie gab sich einen neuen Namen. Aus Sandra wurde Sandra Haas. Sie liess den Schlager hinter sich, wandte sich ab von der deutschen Musikszene und tat sich mit dem österreichischen Kreativ-Duo Richard Schönherz und Manuel Rigoni zusammen. Die beiden arbeiteten damals mit André Heller oder Erika Pluhar zusammen.
1973 erschien ein Album im Liedermacherstil, das den Titel „…und dann spiel’n wir der Dummheit einen Streich“. Es wurde geadelt durch Liner Notes von André Heller. Die deutsche Kritik reagierte negativ. In der "Zeit" zog Manfred Sack mit beissendem Spott über das Werk her:
„Es sollte etwas Besseres werden, als sonst in „Tollhaus des Schau-, Sing- und Zuhörgeschäftes“ (André Heller) üblich, nichts also, das zur „Innenweltverschmutzung“ beiträgt. Aber nun ist die gedankenschwache Essenz dieser sentimentalitätsgesättigten Lieder bloß etwas weniger offensichtlich als in gewöhnlichen Schlagern. Der Pseudotiefsinn – oder in einem „Summerhill Lied entstellende Oberflächlichkeit – findet seine Entsprechung in einer ereignisarmen Musik. Sandra Haas hat, was man eine nette Stimme nennt; es ist schwer, ihr zu glauben, was sie singt.“

Fakt ist: Das Album verschwand in der Versenkung. Genauso wie die Künstlerin selber. Sie tat sich mitte der 70er Jahre mit Claudio Szenkar zusammen, der ab Ende der 60er Jahre sich einen Namen als Arrangeur für Graham Bonney, Howard Carpendale oder Adam&Eve gemacht hatte. Die beiden bildeten eine Kreativzelle unter dem Namen „Song Team“. Einen Teil der gemeinsamen Titel veröffentlichte Sandra auf dem Album „Zwischen Lust und Frust“, das 1979 auf WEA erschien. Soundmässig nahm es die Neue Deutsche Welle vorweg, die ab 1980 über das Land schwappte. Sandra konnte sich davon keinen Tropfen abschöpfen. Sie verabschiedete sich vom Schaugeschäft.
Vor einem Monat trat sie wieder an die Öffentlichkeit. Sie gab das Buch „Mein Weg als Musiker - Erinnerungen eines Dirigenten - Eugen Szenkar“ heraus. Sandra Haas zeichnet darin das Leben ihres Schwiegervaters Eugen Szenkar nach.
Der erste Teil der Karriere von Sandra Haas ist unter dem Thema "Nicki&Hero" nachzulesen.
Zuletzt geändert von waelz am Montag 7. Februar 2022, 22:11, insgesamt 2-mal geändert.
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PeterPan
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Re: Sandra/Sandra Haas

Beitrag von PeterPan »

Hallo Wälz!

Sehr interessante Infos zeigst du uns hier auf.
Demzufolge darf man daraus schließen, dass Sandra Haas mit Claudio Szenkar (1940-2002) verheiratet war.

Es gibt aber noch ein paar Punkte, die mich irgendwie stutzig machen:
Einerseits, dass sie zweimal am Vorausscheidung für den Grand Prix teilnahm und andererseits das zwei (noch nicht angeführte) Singles unter einem anderen Namen vor Sandra & Sharon erschienen, von denen zumindest ein Titel "Kult-Status" erreichte!?

Weißt du was aus Sharon wurde bzw. wie sie wirklich hieß und ob sie eventuell noch anderweitig musikalisch in Erscheinung trat?

Sie ist ein Phantom, weil sie neben Sandra oder Sandra Haas noch eine weitere Identität hat, mit der sie in der Hitparade erfolgreich war.
Was meinst du damit? Ihr Pseudonym als Texterin "Sandra McCimble"? Weil alle ihre LPs und Singles erschienen unter diesen Namen - bis auf die beiden Duos.

Sie schrieb und komponierte übrigens auch "Tamerlan" für Britt Malmkjell (1971 - B-Seite von "Wie du mich willst")

Du machst mich auf jeden Fall sehr neugierig!
Danke für den interessanten Bericht!

LG Peter
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waelz
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Re: Sandra/Sandra Haas

Beitrag von waelz »

Das Thema wird vollendet unter dem Thema "Nick&Hero". Und: Danke für die Blumen.
GeeNerve
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Re: Sandra/Sandra Haas

Beitrag von GeeNerve »

Hallo, ich bin auf der Suche nach Informationen über die mysteriöse Sandra auf das Memory Radio Forum gestoßen. Das sind hier ja mal ein paar brauchbare Eckdaten. Vielen Dank schon mal für die ganze Arbeit an Wälz. Überhaupt, dass mal die Verbindung zu Nicki & Hero aufgedeckt wurde.

Ich habe mich noch mal ein wenig umgetan zu dem Thema. Ich hoffe, dass ist jetzt nicht zu viel Spekulation (oder zu viel Text) von meiner Seite. Der ein oder andere Fakt ist aber auch dabei.

Fangen wir mal in Hoffnungstal an, einem Dorf im Bergischen, dass zu der Gemeinde Rösrath (Rösrath bei Köln) gehört. Unsere Protagonistin ist also nicht in einem Stadtteil von Köln als solchem aufgewachsen. Westlich von Hoffnungstal liegt Forsbach, dass ebenfalls zu Rösrath gehört. Dort am Sonnenweg 9 befand sich der Sitz der Plattenfirma Cornet. An die Gemeinde Rösrath grenzt die Gemeinde Overath. Dort ist seit den späten 50gern der Komponist / Arrangeur / Produzent / Sänger Hans Blum ansässig.

Kann sein, dass ich die geografischen Daten überbewerte, aber ich bin geneigt zu vermuten, dass unsere Protagonistin nicht die halbe Republik durchkämmen musste, um bei den "Schallplattenfirmen Klinken zu putzen".

Möglicherweise kommt Hans Blum in der Karriere unserer Protagonistin eine Schlüsselrolle zu. Zumindest tritt er wiederholt in Erscheinung. Die B-Seite der Debütsingle von Nicki und Hero (Debüt: vgl. Benrd Matheja im Booklet von "Noch mehr Beatles Songs auf Deutsch" und die Katalognummern der beiden Ariola-Singles) stammt aus Blums Feder. (Der "Gummibaum" hätte einen "Spezial-Grämmy" für Humor verdient.) Auf beiden Seiten sind "die Boys" vom Hansen-Quartett für den Background-Gesang verantwortlich. Wer sind die Guitar Rhythm Kings? Eine der vielen Pseudonyme von Friedl Berlipp's Band, die mit den "Hansen Boys und Girls" hunderte von Schlagern begleitet haben? Oder schon Hans Blums eigene Formation? (Ich tippe hier allerdings auf den Gitarristen Friedel Berlipp, wohnhaft in Bergisch Gladbach, Nachbargemeinde von Overath.) Auf der zweiten Single dagegen zeichnet eindeutig die Hans Blum Band.

(Nebenbei: Was ist das für ein gefakter Akzent auf "Bobby" und "Gummibaum"? Italienisch oder spanisch? Oder echter griechischer Akzent?)

Hier ist also bereits die Verbindung zum Umfeld Friedel Berlipp und der sich um Feltz und Gietz tummelnden Kölner Schlager-Gilde gegeben. Aus diesem Grunde betrachte ich Nicki und Hero, Sandra und Sharon und Sandra in ihren Ausprägungen als Kapitel einer durchlaufenden Geschichte. Die Kölner Gilde ist auf den 4 Singles von Sandra und Sharon präsent (speziell die Jay Five, dass wird noch darzustellen sein) und erscheint auch (Blum, Thöner) auf dem ersten BASF-Album. Der Kreis schließt sich ein letztes mal bei "Zwischen Lust und Frust" und der Zusammenarbeit mit ihrem Gatten Claudio Szenkar: Tom Wohlert (ex Gitarrist der Jay Five) nennt in seiner Biografie Szenkar als Pianist der Stammbesetzung des Berry Lippmann Orchesters anno 1980. (Laut Wohlert ein reines Studio-Orchester, dass scheinbar öfter im Cornet-Studio zum Einsatz kam.) Abgesehen von dem Ausflug nach Wien, scheint das sich alles im selben Kölner Umfeld zu bewegen.

Verfolgen wir Hans Blum noch ein Stück:
Sandra und Sharon schaffen es zu einem Auftritt zur "Musik in Studio B". Nun, Arrangeur und Komponist der Show-eigenen Musikprogramms (die Ballett-Einlagen etc.) ist Hans Blum. Wer würde da an Zufall denken. (vgl. http://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen ... um100.html )
Dann gibt es noch zwei astreine Hans-Blum-Ohrwürmer auf der ersten BASF-LP (schade drum, warum waren das keine Singles) und der nicht geglückte Versuch für "Ein Lied für Edinburgh" (der schon ein wenig nach "El Lute" klingt).

Reine Spekulation, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass um 1964 herum ein aus dem Kirchenchor (vgl. BASF 1971: "Er ist da" / "Ave Maria") erwachsener Rohdiamant seinem professionellen Feinschiff zugeführt wurde und der Anlassgeber hierzu Hans Blum hieß. Wer die Arbeit des Hansen Quartett kennt, der weiß: Herr Blum (und seine Frau Ingetraut) verstehen ganz offensichtlich etwas von Gesang.

Um mal meinen persönlichen Gesamteindruck vorwegzunehmen:
Es scheint sich bei der Protagonistin um eine Persönlichkeit der Kölner Studio-Szene zu handeln. Oder sollte sich noch herausstellen, dass in den Jahren '68 bis 73 intensive Auftritts-Aktivitäten mit starker Bühnenpräsenz, den nötigen Sex-Appeal und gefestigten Semi-Star-Status einer gewissen Sandra stattgefunden haben? Warum sollte man einer Künstlerin, die mit ihren Platten immer wieder gescheitert ist, wiederholt so üppige Produktionen zugestehen? Zudem handelt es sich ab Sandra & Sharon singles um Veröffentlichungen, die mindestens streckenweise darauf angelegt sind, den gängigen stilistischen Rahmen des Schlagers zu verlassen, zu sprengen oder zumindest Richtung "internationaler Pop" zu erweitern. Irgendwie hat da jemand gesagt "ich singe nicht jeden Mist" und man hat es ihr zugestanden. Eine Kölner Katja Ebstein (nebenberufliche Background-Sängerin und Schlagerstar wider Willen) ohne Grand Prix gewissermaßen. Aber dafür durfte die Berliner Kaja Ebstein damals auch keine tolle Jazz-Rock-Platte machen. Alles hat seinen Preis.

Ich war einigermaßen erstaunt über die extrem enge Taktung bei den Schlagerproduktionen, wie es von Tom Wohlert (oder auch Hans Blum) beschrieben wird: Am besten beim ersten Take alles im Kasten. Die Noten sieht der Musiker bei der Session zum ersten mal. Wer bei der Praxis keine Ausfälle zeigt, sich in das Ensemble fügt und im Idealfall seinem Part noch die richtige Würze zu geben vermag, der wird beim nächsten Termin wieder gebucht. Auf diese weise siebt sich eine Elite der freiberuflichen Studiomusiker heraus. Wie war das bei den Backgroundsänger/innen? Kann ja auch nicht viel anders sein, oder? Wer kann vom Blatt singen? Wer kann mal eben einen Overdub mit einer Harmonie auf den Take hier draufsetzen?

Ich glaube, dort dürfen wir uns Sandra die Vielnamige in der Kölner Studio-Szene vorstellen. (Ich mache das ein Stück weit an ihren Overdubs fest: In den 60ern ohne 16-Spur war das High Risk …. und wie sie wiederholt ihren eigenen Background-Chor umgesetzt hat.) Vielleicht auch nebenberuflich: Der Umstand, dass 1973 das Thema "Summerhill" so ein Anliegen war, ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die Arbeit mit Kindern weiterhin über Jahre im Blickfeld war.

Ich werde in einem anderen Beitrag mal versuchen, die vier Sandra & Sharon Singles etwas aufzuschlüsseln.
GeeNerve
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Registriert: Samstag 7. Oktober 2017, 17:13

Meisel-Productions und Köln, The Jay Five und Sharon

Beitrag von GeeNerve »

Meisel und Köln

Zwischen dem Kölner Umfeld um Gietz/Feltz/Cornet/Elektrola und dem Berliner Umfeld um die Gebrüder Meisel / Hansa scheint es immer wieder mal zu einem fruchtbaren Austausch gekommen zu sein. Auch war es offenbar Kurt Feltz, der das Geschäftsmodell des unabhängigen Producers (er benutzte das englische Wort), welcher fertige Produkte an die Plattenindustrie vermarktet, erstmals in Deutschland etabliert hat. (vgl. Spiegel Titel vom Nov. 1955 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-31971534.html)Bei der Gründung der Produktionsfirma Hansa dürfte der Kölner Producer eines der Vorbilder abgegeben haben (wenn auch andere Quellen Peter Meisels Volontariat bei Jean Aberbach in New York betonen).

Ein Name aus dem Hansa Umfeld, der auf Kölner Produktionen immer wieder mal erscheint ist Christian Bruhn ("Zwei kleine Italiener" produziert von Gietz, "Betty's Beat Box Haus", "Wickie" mit den Bläck Föss und klingen Charly Cotton's Twist Makers nicht verdächtig nach Berlipps Band & Boys & Girls? … vgl. Nora Nova). Ich finde das hier im Kontext erwähnenswert, weil Bruhn das Beat-Schlager Sub-Genre sozusagen entscheidend mitgeprägt hat. Es wäre mal interessant zu erfahren, ob "Eine Meisel Produktion" stets eine Berliner Produktion meint oder ob "Meisel" im Gegensatz zu "Hansa" auf eine "outgesourcte" Produktion, bzw. auf einen "Executive Producer" (also jemanden, der das im wesentlichen finanziert, delegiert und abnimmt, aber nicht selber Hand anlegt) verweist.

The Jay Five

Nun stellt sich die Frage: handelt es sich bei den ersten beiden Singles des Duos Sandra und Sharon um Kölner oder vielleicht doch um Berliner Produktionen? Friedel Berlipp zeichnet auf dem Label ja lediglich als Co-Autor. Den entscheidenden Hinweis liefert mir das Backing der B-Seite der zweiten Single. Hier haben sich mir ganz klar die Jay Five zu erkennen gegeben, genauer: die außerordentlich wandlungsfähigen Jay Five, die hier mal so klingen wie sie selber. Die Bassarbeit, der Bläsersatz (sie waren u.A. ja auch ihre eigene Wind-Section) und dann noch dieser trockene, gestopfte, leicht runter-getunte Schlagzeug-Sound, den ich so vor allem von Cornet-Platten kenne. Indirekt findet man die Bestätigung hierzu in der Biografie vom Tom Wohlert (Gitarrist der Jay Five), der den Beginn seiner langjährigen Tätigkeit für Barry Lipman (= Friedel Berlipp) auf "Ende der 60er Jahre mit den Jay Five" datiert (vgl. Seite 137).

Ist denn nun das Jahr 1967 "Ende der 60er Jahre" genug, so dass die Jay Five auch an "Hey Bird" beteiligt gewesen sein könnten? Bzw. klingt die Orgel auf "Hey Bird" nach Eric Thöner? Den besten Vergleichswert den ich finden konnte, ist die (bemerkenswert gute) LP "Got A New Direction", welche Bill Ramsey mit der Gruppe im selben Jahr aufgenommen hat. Wenn man ein paar Titel der LP durchlaufen lässt und dann die Single auflegt, dann wird die Verwandtschaft offenbar (mir zumindest). Zwar ist die Single im Gegensatz zur "naturbelassenen" Stereo-LP in mono abgemischt und mit Komprimierung + Hall auf Radiotauglichkeit getrimmt, aber man könnte glatt zu dem Schluss kommen, der Backing-Track der Single sei bei derselben Session aufgenommen worden. (Das muss natürlich nicht so sein.)

Hansa und Metronome

Warum ist "Hey Bird" auf Hansa erschienen? Ein interessanter Hinweis kommt unter Umständen aus einer ganz anderen Ecke:
Die Recklinghausener Beatband Frederic And The Rangers veröffentlichte etwa um dieselbe Zeit ihre (einzige) Single bei Hansa. https://www.discogs.com/de/Frederic-The ... se/5818982

In der WDR-Dokumentation "Beat im Pott" berichten Sänger Rudolf "Öl" Peters und der ehemalige Manager der Gruppe, wie Hansa mit der Frage an sie herangetreten war, ob sie auch in Deutsch singen würden. Zwar handelt es sich bei dem Singletitel, den die Gruppe aufnehmen sollte, um eine Joachim Heider Komposition, die zuvor von Drafi Deutscher abgelehnt worden war und nun wohl extra umgetextet werden musste. (vgl. Booklet zu "Ruhrgebeat", Bear Family) Aber den Schilderungen der Diskussionen innerhalb der Band zufolge scheint es sich um eine Richtungsentscheidung gehandelt zu haben. Die Band entschied sich dagegen.

Sieht also durchaus danach aus, als ob Hansa damals händeringend nach deutschsprachigem Beat gesucht hätte oder etwas, das man als solchen verkaufen konnte. Es könnte dabei um mehr gehen, als einfach an die Erfolge von Drafi und Manuela anzuknüpfen. Gut vorstellbar, dass man versuchte, der zunehmenden Spaltung des Publikums in Schlager- und Beat-Fraktion entgegenzuwirken. Irgendwie muss man es ja schaffen, die ganze Familie vorm Fernseher zu halten, wenn man im Abendprogramm seine Produkte präsentieren will. Die Anfang 1967 erschienene und ziemlich ehrgeizige (auch HiFi-technisch) Debut-LP von Marion (Maerz) passt da ebenfalls rein. (Auch wenn da fast schon mehr Bacharach als Beat im Spiel ist.)

Das die zweite Single bei Metronome erschien, muss nicht heißen, dass Hansa das Interesse verloren hätte. Das kann auch ein Testballon mit einem Vermarktungspartner sein, der von Berlin oder auch von Köln aus gestartet wurde. Immerhin hat die Hansa Produktions GmbH immer wieder sehr erfolgreich mit der Metronome zusammengearbeitet. (Man denke an Siw Malmkvist oder später das Krautrock-Label Ohr. Selbst Charly Cotton hatte in Skandinavien -war es Dänemark oder Schweden … ich habe das vergessen - auf Metronome einen kleinen Hit.)

Stilistische Erwägungen

Manchmal komme ich allerdings ins grübeln, was die Belegungen der A- und B-Seiten betrifft. Wie oft finden sich die musikalische Juwelen auf den Flipsides eher banaler A-Seiten! OK, das ist nicht allein ein deutsches Phänomen. Aber bei deutschen Singles fällt mir das immer wieder ganz besonders auf. Ist "Heute oder nie" musikalisch zu gewagt? Zu lärmige Gitarre? Zu viel Melisma im Gesang? Oder wurden bisweilen bewusst "heiße B-Seiten" platziert, in der Hoffnung, dass ehrgeizige Diskjockeys ihre "Entdeckungen" um so öfter spielen? Die Realität ist ja leider meist doch banaler als der Musikfan sich wünscht und es stellt sich heraus, dass man damals der Plattenfirma mit Mühe eine heiße B-Seite unterjubeln konnte. Wer weiß. Auf jeden Fall ist "Heute oder nie" für meine Begriffe ein kleiner, die üblichen Stil-Kategorisierungen sprengender Monolith der Deutschen Popmusik. "Deutscher Mod-Klassiker" trifft vielleicht am besten, wenn man den Begriff "Mod" mit all seinen Konnotationen (bzw. Folgeerscheinungen in der Popkultur) zulässt.

Was die anderen drei Singles nicht abwerten soll. Viele meiner Freunde werden zwar vor "Danny" mit so viel triefenden Tränen-Honig hilfeschreiend weglaufen. Für mich ist das Kunst. Die Debut-Single steht -ebenfalls mit einer ganz außergewöhnlichen B-Seite- sowieso außer Kritik. Die Metronome-Single fällt halt dadurch auf, dass ein absolutes Highlight mit einem -wie soll ich sagen- "Rückfall in die Beatles-Bobby-Exploitation" gekoppelt ist. Wen soll "Flower Power Superman" nun ansprechen? Für echte Vertreter (Freaks) und Bewunderer der "Langhaarigen"-Kultur vollkommen unakzeptabel. Und das gemeine Schlagerpublikum? Selbst die Mittzwanziger hatten mitunter Schwierigkeiten, da mitzukommen, was da nun los ist. Und wenn man die damalige Feindseligkeit der "Anständigen" gegenüber "Gammlern" und "Langhaarigen" bedenkt (und im heute ach so toleranten Köln war –so hat man/frau mir berichtet- damals kein bisschen besser), habe ich Schwierigkeiten mir das vorzustellen. Und wenn dann das Töchterchen mit so einem loszieht, löst das eher heftige Reaktionen aus. (Auch das habe ich mir schildern lassen.) Die "In Kraut"-, "German Funk"- und "Beat Fräulein"-Compilations haben so einiges an Beispielen von Hippie-Exploitation zu bieten. Soweit ich das überschauen kann, alles Obskuritäten. (Das "Flower Power Kleid" ist ja eher eine Satire auf Modewahn, oder?)

Interessant wäre es auch zu erfahren, welchen Anteil die Band an der Entwicklung der Arrangements hatte und für welche Leistungen Friedel Berlipp seine Autorenrechte eingestrichen hat. Da der Stil der Jay Five so deutlich hervortritt, schätze ich den Anteil der Band zumindest streckenweise einigermaßen hoch ein. Tom Wohlert berichtet von regelmäßigen Arrangier- und Schreib-Sessions im Teehaus von Heinz Gietzens Anwesen in Rösrath. Auch Friedel Berlipp soll dort verschiedentlich zugegen gewesen sein. War dort vielleicht auch mal die Expertise einer Vokalistin gefragt? Nun gut, es ist das Schicksal der Studiomusiker, dass kreative Leistungen im Stundensatz mit abgerechnet werden. Das war auch bei der Wrecking Crew in Hollywood so. Und auch Kurt Feltz soll laut Wohlert verschiedentlich vom Regieraum aus die Musiker aufgefordert haben, doch mal was "anzubieten". (Eigentlich will ich persönlich ja nur wissen, wer den genialen Bläsersatz von "Heute oder Nie" kreiert hat.)

Sharon

Sharon ist das eigentliche Mysterium. Oder? Vielleicht gibt es auch gute Gründe dafür, warum die Information über Sharons Identät zurückgehalten wird. Ich selber habe dabei so meine Zweifel, ob die Rolle der Sharon überhaupt eindeutig besetzt war. Ich meine auf den Fotos der "Danny"-Periode eine andere Sharon zu erkennen als auf den früheren Fotos. Zu der Zeit waren die beiden allerdings auch mittels Frisur und Make-Up auf "Schwestern" getrimmt. Da kann man sich täuschen. Wenn es tatsächlich Schwestern oder nahe Verwandte gewesen wären, dann wäre das wohl Publicity-technisch ausgeschlachtet worden. Das hätte dann auch gewissermaßen die Qualität der Gesangsdarbietungen "erklären" können: Man sagt ja Stimmen genetisch verwandten Ursprungs nach, dass sie einen sehr kompakten Eindruck im mehrstimmigen Gesang hinterlassen. "Blood Harmony" nennt man das gerne im Jargon. Auch vom "Beach Boys Effekt" war da schon mal die Rede.

Aber auch unser Duo klingt bemerkenswert kompakt, die Stimmen oft sehr ähnlich. Der Eindruck wird oft durch großzügig aufgetragene Schichten von Overdubs verstärkt. Was mich allerdings ein wenig stutzig gemacht hat: Der Anteil von Sandra-Overdubs scheint doch erheblich größer zu sein. Sharon geht da fast schon unter. Nun gut, Sandra ist die Lead-Sängerin, scheinbar wohl auch die Intonations-sicherere. Aber wenn die Leadsängerin so fit ist, hätte sie nicht gleich auch alle Overdubs einsingen können?

Ein erstes Experiment:
"Er gehört mir", ein Song mit scheinbar klarer Rollenverteilung in verschiedenen Stimmlagen. Ich schneide die "Sharon"-Beiträge raus und montiere sie hintereinander. Dann nehme ich die Anfangszeile von "Hörst Du nicht den Wind" von Sandra, welche sich in in derselben Stimmlage bewegt und schneide diese auch hintereinander. Zum direkten Vergleich montiere ich beides zusammen.
http://www.dashertz.de/downloads/sandra ... lyse-1.mp3

Ich bitte um Nachsicht ob der gewalttätigen Verhackstückung. :-)

Ein zweites Experiment:
Ich schneide ein paar hohe Noten beider Stimmen aus "Hey Bird" nebeneinander. Erst Sharon, dann Sandra.
http://www.dashertz.de/downloads/sandra ... lyse-2.mp3

Also für meine Ohren ist das ein und dieselbe Stimme. Durch die unterschiedlichen Stimmlagen und andere Aspekte wie "laut gesungen" und "gehaucht" bilden sich Charakteristika, die beim unbedarften Hörer (der das Ganze dann auch noch als Duo serviert bekommt) als "mehrere Stimmen" ankommen. Für meine Begriffe haben wir es eher nicht mit einem Duo, sondern einem virtuellen Sandra Vocal Ensemble per Overdub zu tun. Ich hatte es in meinem vorherigen Beitrag ja bereits erwähnt, dass ich Sandra für eine Studio-Pro(fessional) halte.

Nun gut, es hat in der Schlagerwelt einige fähige Sängerinnen gegeben, die auf den Produktionen mit sich selbst im Chor gesungen haben. Aber wofür bedarf es dann eines Duos? Man möchte annehmen, bei dem Duo habe es sich um einen Live-Act gehandelt. Es ist ja nicht selten vorgekommen, dass ein Live-Act mit der Studio-Situation nicht zurechtkommt und bestimmte Instrumente mit Studiomusikern besetzt werden. Warum nicht auch Sängerinnen? Haben sich irgendwo Plakate, Anzeigen, Presseberichte vom Auftritten des Duos gefunden? Mal abgesehen vom Fernsehen und seinem Playback.

So, jetzt wird es gefährlich. Ich entschuldige mich schon mal vorsorglich für für allzu abenteuerliche Spekulationen. Das ist halt Künstler-Karma, dass man mit der Zeit Teil der Geschichte wird und nachher Historiker, Archäologen und Hobbydetektive ankommen und versuchen Dinge ans Licht zu holen, die man als sicher weggeschlossen glaubte. Umgekehrt schreiben Hobbydetektive gerne mal haarsträubenden Blödsinn. Mal sehen was zutrifft.

Ich bin über die Autorenangaben von "Hey Bird" gestolpert und habe mich gefragt, wozu es wohl hier der Beteiligung einer Textdichterin bedarf. Gut, da kann auch ein Tantiemen-Deal dahinterstecken. Oder ein ursprünglicher Text brauchte noch mal den richtigen Dreh. Falls es das nicht ist und man geht mal von einer Autorin ohne akademischen Hintergrund aus: So ein auf einem 2-Chord-Riff basierendes Call-&-Response-Ding wie "Hey Bird", so etwas wird dann ja weniger im Autoren-Team am Piano ausnotiert und durcharrangiert. Eher wird sowas doch beim jammen erspielt und ersungen, bis das ganze dann nach ein paar Proben den richtigen Ausdruck hat. Wie das eine Beat-Band oder ein Folk-Duo halt so anstellt.

Wenn der kreative Beitrag der Studioband schon mit dem Stundensatz abgegolten ist, so vielleicht noch nicht der Beitrag einer zweiten Sängerin, die das ursprünglich mal mitentwickelt hat. Kurz: Mein -böser- Verdacht ist, dass die Rolle der Sharon mal von der Susan Avilés eingenommen wurde, die dann kurzfristig -als die Produktion schon in der Pipeline war- ausgefallen ist. Da könnte den Mitarbeitern der GEMA auch mal was durchgegangen sein, indem Mutter Utta mit Tochter Utta Maria (= Susan), die zudem beide noch aus dem selben Kölner Stall (eben genau Feltz/Gietz/Berlipp) kommen, verwechselt wurden. Zudem erschienen soweit ich weiß keine weiteren Singles von Suzie Marcus (=Susan Avilés) nach 1967.

An dieser Stelle gebietet es sich einen Schnitt zu machen, mit Respekt Abstand zu nehmen und nicht öffentlich ein mögliches Drama zu sinnieren, von dem wir nicht wissen ob es stattgefunden hat. Ich habe mich lediglich mal ein wenig aus dem fenster gelehnt und einen Verdacht geäußert. Solange wir keine direkte Bestätigung von Zeitzeugen haben, kann sich alles hier ausgeführte auch als kompletter Fehlschluss erweisen.

In einem nächsten Beitrag werde ich ein paar Fragen in Bezug auf die BASF-Phase aufrollen.
Ein letzter Beitrag wird sich der 1979er WEA-Platte widmen.
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