. .

Ria Valk

Western-Songs & Cowgirl-Look

von Walter Hilbrecht

Seit sie sich 1960 mit "Rocking Billy" in Holland eine Goldene Schallplatte ersang, gilt Ria Valk dort als eine der beliebtesten Sängerinnen. Trotz mehrerer Versuche, auch den deutschen Schlagermarkt zu erobern, konnte sie hierzulande nur einen einzigen Chart-Entry verbuchen.

Geboren wird Ria Valk am 11.02.1941 in Eindhoven. Nachdem sie die Schule absolviert hat, arbeitet sie für 150 Gulden im Monat in einem Versicherungsbüro. Da sie musikbegeistert ist und schon bei Schulfesten als Sängerin auftrat, legt sie sich als erstes eine Gitarre zu.

Als Siebzehnjährige nimmt sie 1958 in ihrer Heimatstadt an einem Elvis Presley-Wettbewerb teil. Als einziges Mädchen von insgesamt 55 Teilnehmern landet sie mit ihrer gelungenen Parodie auf Platz 2. Darauf holt sie Kees Manders nach Amsterdam in seine Talentshow "Kabarett der Unbekannten" und dort gewinnt sie einen Plattenvertrag bei Fontana, einer Tochterfirma von Philips. 1959 erscheint ihre erste Single "Dans de Bam-Bam-Boe", die allerdings kein Hit wird.

Erst die dritte Platte bringt ihr 1960 den großen Erfolg. Orchesterchef und Produzent Jacky Bulterman, der die Sängerin musikalisch betreut, hat für sie einen Hit aus Schweden an Land gezogen. Aus "Klas-Göran" - im Original von Lill Babs gesungen - wird bei Ria Valk "Rocking Billy" und damit schafft sie den Durchbruch.

Bulterman ist zugleich Produzent der Blue Diamonds, die sich Ende 1960 mit ihrem Millionenhit "Ramona" auch in Deutschland etablieren können. Für Ria Valk rechnet er sich ebenfalls gute Chancen im Nachbarland aus und so versucht er, sie auf dem deutschen Markt zu positionieren.

Mit "Mein Bonny", einer Popversion der Volksweise "My Bonnie", geht sie im Herbst 1961 bei uns an den Start. Dieser Titel erscheint hierzulande zeitgleich auch mit Tony Sheridan, begleitet von den damals noch unbekannten Beatles. Abgesehen von einem deutschen Intro, singen sie den Titel jedoch in Englisch.

Beide Aufnahmen sind völlig unterschiedlich arrangiert. Die von Ria Valk lässt deutlich den typischen Bultermann-Sound erkennen, während die von Sheridan schon ziemlich nach Beat klingt, auch wenn diese Bezeichnung damals noch nicht geläufig war.

Beide Versionen finden jedenfalls ihr Publikum und tummeln sich zum Jahresende im Mittelfeld der Charts. Im Vergleich zur englischen Fassung hat Ria Valk sogar die Nase vorn, denn ihre Aufnahme wird auch in der BRAVO-Musicbox notiert und klettert dort sogar bis auf Platz 8. Ein bravouröser Einstieg ins deutsche Schlagergeschäft.

Zurück nach Holland: Für die Rekord-Verkaufszahlen von "Rocking Billy" wird die Sängerin mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. Ihr gelingt dann auch gleich wieder ein Anschlusstreffer mit "Tommy aus Tennessee", einem Song, den sie selbst geschrieben hat.

Weil die Masche mit den Western-Songs so gut ankommt, macht man in dieser Richtung weiter. Dafür müssen auch Titel aus den deutschen Hitparaden herhalten, denn die Holländerin covert beispielsweise den Valente-Hit "Der Sheriff von Arkansas" und den Erfolgsschlager von Gitte "Ich will ´nen Cowboy als Mann". Auch bei ihren Auftritten präsentiert sich Ria Valk als Cowgirl mit Western-Hut und Colt. Wie ein Wirbelwind fegt die stets gut aufgelegte Sängerin über die Bühne und begeistert mit ihrem Temperament und ihrem beeindruckenden Gesangstalent das Publikum.

Um sie auch bei uns als Western-Lady zu lancieren, wählt man für die nächste deutschsprachige Produktion ihren großen niederländischen Hitparadenerfolg "Rocking Billy" aus, der in "Der Stern, den der Sheriff so gern hat" umgetitelt wird.

Bulterman ist überzeugt, dass RiaValk damit auch in Deutschland den Sprung nach ganz oben schafft. Doch obwohl die Sängerin mit dem Titel in "Musik aus Studio B" auftritt, werden umsatzmäßig keine großartigen Ergebnisse verzeichnet.

Erst im Sommer 1963 gibt es plattenmäßig Nachschub für die deutschen Schlagerfans. Diesmal versucht sie ihr Glück mit einer Gesangsversion des Instrumental-Hits "Happy Cowboy". Wolfgang Roloff, besser bekannt als Ronny, und Werner Last haben dieses Stück geschrieben, das sowohl von Billy Vaughn als auch von den Blizzards veröffentlicht wird. Beide Versionen können sich in den Bestsellerlisten platzieren. Ria Valk kommt mit ihrer Gesangsfassung allerdings nicht über einen Achtungserfolg hinaus.

Während ihre Karriere in Deutschland nicht so richtig in Gang kommt, ist sie in Holland weiterhin ein Star. Sie steht nun bei Decca unter Vertrag und hat ihr Western-Image inzwischen abgelegt. Dass sie auch ohne Cowboyhut Plattenerfolge abliefern kann, zeigt sich vor allem 1965. In diesem Jahr hat sie wieder zwei Superhits. Der erste ist "Fernando, Alfredo & Jose", eine holländische Fassung von "Santo Domingo", bei uns durch Wanda Jackson populär geworden. Auch Ria Valk nimmt den Titel in Deutsch auf, kann damit Wanda Jackson aber keine Konkurrenz machen.

Mit einer Coverversion von "Surfin´Senorita" gelingt ihr anschließend ein weiterer Treffer. Erneut versucht sie ihr Glück mit einer deutschen Fassung, die mit dem Titel "Ich denke immer nur an Peter" auf den Markt kommt, aber erfolglos bleibt. Auch die Nachwuchssängerin Regine, die bei Vogue unter Vertrag steht, covert den Song. Bei ihr heißt er kurz und knapp "Mein Peter", kommt aber ebenfalls nicht an.

In den 70er Jahren steht Ria Valk in Holland immer noch weit oben in der Publikumsgunst und ist nach wie vor in den Hitparaden vertreten. Ihr Repertoire besteht zu dieser Zeit überwiegend aus Stimmungsschlagern, mit denen sie auch bei Live-Auftritten so richtig abräumt.

Nach mehr als zehn Jahren veröffentlicht sie dann wieder eine deutsche Single, diesmal bei Electrola. Große Aufmerksamkeit erregt sie damit allerdings nicht.

Mitte der 80er Jahre gibt sie ihr Debüt als Schauspielerin in der holländischen TV-Serie "Sag mal Aaa!"

Noch heute tritt sie hin und wieder als Sängerin auf. Daneben beschäftigt sie sich mit Astrologie und macht ab und zu Werbung für Schlankheitsprodukte.

Inzwischen hat sie sich auch als Malerin einen Namen gemacht. Es gab viele erfolgreiche Ausstellungen.

Wenn man bedenkt, dass sie schon früher viele Songs selbst komponiert, getextet und teilweise arrangiert hat, dann kann man nur den Hut ziehen vor dieser vielseitig begabten Künstlerin.

Diskographie

Fontana

266 277 (1961) Mein Bonny / Singapur-Jacky
266 302 (1962) Der Stern, den der Sheriff so gern hat(Rocking Billy) /
               Tommy aus Tennessee
266 445 (1963) Happy Cowboy / Lasso-Lilly

Decca

19 686  (1965) Santo Domingo / Denk daran (Gabrielle)
19 744  (1965) Ich denke immer nur an Peter (Surfin´Senorita) / 
               Tamara träumt vom Wiedersehn (De Zigeuners van Saloniki)

Columbia

32 165  (1977) Charly / Wo mich niemand kennt

memory - Magazin für Freunde deutscher Oldies, unveröffentlicht